Schnell online Geld verdienen – Chance oder Selbstausbeutung?
15. Mai 2020Mein Leben kostet im Moment 1250 Euro im Monat. Das heißt ich muss pro Arbeitstag ungefähr 62 Euro verdienen. Ich schau jetzt mal, ob ich das schaffe miteinfachen Onlinejobs,die jeder sofort zu Hause machen kann. Bei dieser App hier, die heißt Shopscout,da kann ich jetzt Mystery Shopping machenin einem Elektronikladen. Ich kriege dafür sechs Euro. Anscheinend dauert es nur 15 Minuten und ichmuss da jetzt einen kompletten Kaufprozess simulieren. Ich tue gleich so als bräuchte ich ein neues Netbook. Später soll ich bewerten, ob der Verkäufermich gut beraten hat. Wichtig ist, dass ich mir seinen Namen merkeund ich muss ein Foto von dem Netbook machen. Der Verkäufer soll natürlich nicht merken,dass ich das nur simuliere. Ich sage ihm, dass ich für Snapchat filmeund lasse mir das Netbook erklären. Foto machen … klappt!Aber er hat kein Namensschild auf dem Shirtund das wird später noch zum Problem. Jetzt ist mein Auftrag gerade hier in derÜberprüfung von Shopscout. Dann werden die Mitarbeiter schauen, ob ichdas alles gut gemacht habe und dann kriegeich hoffentlich sechs Euro für diese 13 Minuten Arbeit. In der Zwischenzeit probiere ich den nächsten Onlinejob. Ich starte bei einem Einrichtungsladen abererst muss ich in hunderten Einträgen checken,ob das Geschäft schon jemand eingetragen hat. Und da ist es. Also diese Öffnungszeit wurde hier schoneingetragen. Vielleicht klappt’s ja bei diesem Tabakladenoder hier bei der Bank. Also ich habe es jetzt bei drei Geschäftenausprobiert und alle Geschäfte waren schonin der Datenbank drin, das heißt ich binjetzt hier eine Viertelstunde rumgelaufenund habe alles eingetragen und habe null Euro dabei verdient. Dann kommt das Fazit vom Mystery Shopping im Eletronikladen. Meine ganze Arbeit war umsonst. Nur weil ich den Namen des Mitarbeiters nicht eintragen konnte. Nächster Versuch. Ein sogenannter “Storecheck”. Jetzt soll ich Übersichtsfotos erstellenvon allen Displays, wo SIM Karten ausgestellt sind. Auch hier darf ich nicht auffliegen. Bei einem kleinen Laden mit nur einer Verkäuferinnicht so einfach. Und es dauert ganz schön lange alles einzutragen. Aber immerhin habe ich jetzt drei Euro verdientinnerhalb von zehn Minuten. Zumindest denke ich das jetzt noch. Die nächste App heißt Scoopshot. Mit der kann ich Fotos verkaufen. Den Preis leg ich selbst fest. Für alltägliche Fotos wie die probiere ich es mit 2,50 Euro. Mal schauen, ob mir jemand was abkauft!In der Zwischenzeit gehe ich nach Hause, vonder Couch aus weiterarbeiten. Die Streetspotr App hat sich gemeldet. Meine Aufgabe wurde abgelehnt, weil das Drehdisplay nicht ganz zu sehen ist. Wieder nichts verdient. Der nächste Job: Klamotten kategorisieren. Ich kriege 1-4 Cent pro Auftrag. Naja, wir können es ja mal ausprobieren. Erstmal aber unbezahlt in die Probephase. Ist das jetzt eine Fellweste, eine Fleeceweste, Ledersandalen,Gladiatorsandalen,Mens Round Rose-Cut Moonstone Cufflinks,Riemchensandalen, Strandsandalen und Dianetten. Das könnten so Manschettenknöpfe sein. Ich hab’s schon wieder falsch. Unsere Qualitätssicherung hat Sie leidervon der weiteren Mitarbeit an diesem Projekt ausgeschlossen. Ok, ich habe jetzt anscheinend bei Clickworkergerade Modeprodukte kategorisiert für ummeund das hat mich elf Minuten gekostet. Und bei der Scoopshot App geht auch nichts. Kein einziges Foto konnte ich verkaufen. Letzter Versuch: Online Fragebogen ausfüllen. Der Entscheiderclub verspricht mir 2,20 Eurofür meine Meinung. Für welche der folgenden Milch- und Joghurtproduktehabe ich in letzter Zeit Werbung wahrgenommen. Meine Aufgabe: Marken von Milchprodukten aufWerbebildern erkennen. Nicht schwierig, aber fad. Diese Umfrage ist dermaßen lang, dass ich nicht glaube,dass die irgendjemand bis zum Schluss ehrlich beantwortet. Vielen Dank für ihre Teilnahme. Nach 30 Minuten statt versprochenen 15 habe ich 2,20 Euro verdient. Die wurden jetzt schon meinem Nutzerkonto gutgeschrieben. Beim Mystery Shopping gescheitert, kein einzigesFoto verkauft und falsch getagged. Deswegen hab ich am Ende in 3,5 Stunden nur 2,20 Euro verdient. Das wären an so einem normalen Arbeitstagvon acht Stunden fünf Euro. Also ich finde Onlinejobs lohnen sich überhaupt nicht. Aber es kommt ja nicht nur darauf an Geldzu verdienen, sondern auch sich selbst zuverwirklichen und sich im Job gut zu fühlen. Patrizia hat Feelgood-Manager getroffen undfand es teilweise echt gruselig. Und eine ganz andere Art der Selbstverwirklichung:Frischgebackene Mamas, die sich nebenWindeln wechseln und Fläschchen geben mal eben selbstständig gemacht haben.